11. June- 31. July 2015.
Paul Horn ist ein Multimediakünstler. Ohne das eine oder andere Medium explizit in den Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens zu setzen, kombiniert er oftmals die Vorzüge und physischen Gegebenheiten der einzelnen Ausdrucksformen, um daraus ein Ganzes zu konzipieren: ein Werk, ein Ereignis, eine Erfahrung, einen Raum. Nicht nur seine Ausstellungen setzen sich meist aus verschiedenen künstlerischen Medien zusammen, auch die einzelnen Werke sind genau überlegte Kompositionen mehrerer Genres. Dabei verweisen die eingesetzten Mittel einerseits auf ihre eigene Historizität, andererseits wird diese erweitert und mit aktuellen Diskursen und Fragestellungen unserer Zeit verknüpft.
In seiner dritten Einzelausstellung „DERZEIT IRRE KVNST, DER KUNST IHRE FREIZEIT“, bedient sich Paul Horn des Leitspruchs der Wiener Secession, und modifiziert diesen mit lockerem, ironischen Wink. Für die Ausstellung hat Paul Horn einen neuen, nachhaltigen, bürgerlichen Lebensraum mit entsprechenden Kunstwerken kreiert, wobei die meisten Werke aus Recylingmaterialien, gefundenen Objekten, Restbeständen oder Abfallprodukten bestehen. Der Zimmerbrunnen, eine Wasserskulptur die eine Zimmerpflanze bewässert und gleichzeitig das Raumklima verbessert, ist eine Miniaturversion eines Aquaponic Systems, das ursprünglich als Alternative zur industriellen Landwirtschaft entwickelt wurde. Aquaponic ist ein geschlossener Wasser- und Nährstoffkreislauf, der für die ressourcenschonende Aufzucht von Nutzpflanzen oder Fischen entwickelt wurde und eingesetzt wird. Paul Horns Zimmerbrunnen greift einerseits den Trend des Rückzugs ins Private auf - wobei der Zimmerbrunnen sozusagen als ein kurioses Emblem dieser Bewegung gesehen werden kann - andererseits holt die Skulptur gerade die globale, öffentliche, jeden betreffende Problematik der schwindenden Ressourcen in unsere „Wohlfühloasen“.
Einen weiteren Teil des Lebensraumes stellen die Gewebebilder dar, die aus Restbeständen verschiedener Gewebebänder, Schnüre, Kordeln oder Seile bestehen. Gewebt wie Teppiche, und in ihrer Ästhetik abstrakte Gemälde nachahmend, repräsentieren sie aber keine Werte einer Bourgeoisie. Sie sind nicht Ausdruck einer inneren Welt, die in Portraits, Landschaftsmalerei, Abstraktion, Stilleben oder anderen Genres der Malerei reflektiert wird, sondern fungieren wie eine Referenz auf einen äußeren Zustand. Uns umgebende Tatsachen, Systeme und Veränderungen der Umwelt, die nicht vor behüteten Welten enden.
Ein weiteres Symbol solch beschützter Einheiten, welches Paul Horn mit einer aktuellen Gegenwart konfrontiert, ist der Luster. Für die Ausstellung hat er ein französisches und ein venezianischen Modell nachgebaut, wobei er anstatt Kristallen zusammengeknüllte Pet-Flaschen bzw. kleine Schnapsflaschen verwendet. Die Pracht und Geschichte der Luster als Symbol für Herrschaft und Wohlstand erscheint in neuem, gedimmten Licht.
Und die Bewohner dieser infiltrierten Lebenswelt? Auch sie beschäftigten sich mit neuen Kommunikationsformen, wie Paul Horns neuer Kurzfilm in der Ausstellung aufschlussreich zeigt.